Geschichte des Objektes
Der ehemalige Pfarrhof in der kleinen Gemeinde Grimoldsried mit etwa 200 Einwohnern, wurde um 1720 erbaut. Durch seine Lage mitten im Ort und der Größe des Hauses hat es damals wie heute einen besonders ortsbildprägenden Charakter. Das ursprünglich barocke Gebäude hat durch mehrere Umbauphasen mit teilweise massiven Eingriffen viel von seiner früheren Ausstrahlung verloren. Nach der Nutzung durch Pfadfinder für Jugendfreizeiten wurde 1989 das Haus für die Pfarrei renoviert, aber nur kurz genutzt. In der Folge stand es lange Zeit leer und die Bausubstanz verschlechterte sich zusehend. Der alte Pfarrhof war stark sanierungsbedürftig, so dass die Kirchengemeinde das Objekt 2003 letztlich zum Kauf anbot. Heute ist der ehemalige Pfarrhof Wohnhaus, Architekturbüro und ein Schmuckstück in der Ortsmitte.
Motivation der Bauherren
Die Bauherren, eine junge Familie mit vier Kindern, suchten lange nach einem alten Haus auf dem Land. Das Architektenehepaar wollte ein altes Haus renovieren und wieder zum Leben erwecken. Dadurch sollte die Zukunft für das Gebäude gesichert und Wohnen mit Arbeiten kombiniert werden.
Durch Zufall hat Familie Rieger das Inserat vom Verkauf des alten Pfarrhofs mit 1600m² Grund in Grimoldsried gelesen. Schon bei der ersten Besichtigung zeigte sich, dass dieses Objekt nach den Wünschen der Familie umgebaut und saniert werden könnte. Der Kauf erfolgte kurz nach der ersten Besichtigung im Dezember 2003; die Sanierung begann im Frühjahr 2004.
Sanierungsgeschichte
Planung und Partner
- Landratsamt Augsburg, Kreisbaumeister
- Bayerischer Landesverein für Heimatpflege
- Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege (BLfD)
- Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Schwaben
Bauverlauf und Besonderheiten
- Detaillierte Befundungsuntersuchungen an Innenräumen und Fassade bildeten die Grundlage für die Bestimmung der durchzuführenden Maßnahmen.
- Der ursprüngliche Raumzustand wurde wieder hergestellt: Entfernen von nachträglich eingezogenen Trennwänden, Öffnen zugemauerter Fenster
- Durch Feuchtigkeit beschädigte Balken und das Dach wurden instandgesetzt.
- Noch vorhandene historische Bauteile wie Böden, Treppen und Türen wurden denkmalgerecht überarbeitet und alte Beschläge konsequent wieder genutzt. Einige alte Eichenfenster konnten erhalten bleiben, während früher mangelhaft restaurierte 3-flüglige Kastenfenster ersetzt werden mussten.
- Ein Nebengebäude wurde quer zum Hauptgebäude neu erstellt. In ihm befinden sich die Heizanlage mit Scheitholzvergaser-Kessel, das Holzlager und die Garagen.
- Es wurden überwiegend regionale firmen beauftragt, die jedoch nicht immer über Erfahrungen in der Sanierung denkmalgeschützter Objekte hatten. Deshalb war es nötig, die nötige Fachkenntnis und Anleitung durch den Architekten bereitzustellen. Daraus erklärt sich letztlich der große Anteil an Eigenleistung.
Die Sanierung begann im Frühjahr 2004 und dauerte etwa 5 Jahre. Der Einzug erfolgte bereits 6 Monate nach Baubeginn in das noch nicht fertige Gebäude. Dadurch konnten ein Schulwechsel für die Kinder vermieden und zudem Kosten gespart werden. Dies stellte natürlich besondere Herausforderungen an die Bauplanung, um Bauen und Wohnen in Einklang zu bringen.
Finanzierung
Die reinen Umbaukosten für das denkmalgeschützte Gebäude betrugen ca. € 350.000,-. Dazu kamen noch die Kosten für den Grundstückserwerb mit dem alten Pfarrhaus mit ca. € 210.000,-.
Fördermittel und Zuschüsse Ca. € 47.000,-
Eigenleistung: über 7000 Stunden Handwerkerarbeiten (Türen und Beschläge restaurieren; Dämm-, Fußboden-, Streich-, Maurer- und Putzarbeiten; Mithilfe beim Auswechseln morscher Mauerlatten, etc.) Die Hauptgründe für die enorme Eigenleistung waren einerseits Kostengründe, andererseits sollten und wurden durch die Eigenleistungen eine ganz besondere Beziehung zu dem Gebäude aufgebaut.
Resümee
Aus Sicht der Bauherren
„Sitzt, passt, wackelt und hat Luft“, damit resümiert der Bauherr das Projekt. Die Absicht, durch Eigenleistung eine besondere Beziehung zum Haus aufzubauen ging zwar auf, hat letztlich aber ein enormes Maß an Arbeit erfordert, was so nicht geplant war. Mit der großen Fachkenntnis des Architekten gelang eine sehr erfolgreiche Sanierung und auf die Frage an den Bauherrn, ob er das Projekt nochmals so durchführen würde, antwortete er nach kurzem überlegen: „Ja, ich denke schon.“
SDL-Inform
Der alte Pfarrhof hatte Glück, dass Familie Rieger ihn gefunden hat. Nachdem eine reine Wohnnutzung erfahrungsgemäß erfolglos war, hatte die Architektenfamilie das ideale Anforderungsprofil für das Gebäude. Die Restaurierung verlief vorbildlich und nahm gleichermaßen Rücksicht auf die Belange der Familie und des Denkmals selber. Neue und alte Elemente wurden optimal kombiniert und eine ideale Lösung für die Energieversorgung gefunden, als Alternative zu einer Solaranlage. Funktionell und gestalterisch ist der alte Pfarrhof ein hervorragendes Beispiel für eine überaus gelungene Sanierung und bleibt somit ein wesentlicher Bestandteil des Altortes, auch für die nächsten Generationen.