Die Integrierte Ländliche Entwicklung (ILE) im Hofheimer Land zeichnet sich vor allem durch Erfolge in der Innenentwicklung aus. Allianzsprecher Wolfgang Borst hat als Losung ausgegeben: „Innerorts zeitgemäßen Wohnraum zu schaffen, darf nicht teurer kommen, als in der Peripherie zu siedeln.“ Auf diese Weise konnten einige bereits ausgewiesene Neubaugebiete zurückgenommen werden. Dies und anderes ist preiswürdig. Als Vorjahressieger durfte das Hofheimer Land heuer 26 Nationen zu sich bitten, wo wiederum besonderes Engagement ausgezeichnet wurde.
Spagat zwischen Alt und Neu
Den Auftakt zum „Highlight des Jahres 2023“ in Hofheim bildete die Eröffnung der ALE-Baukulturausstellung. Amtsleiter Jürgen Eisentraut appellierte vor knapp 50 geladenen Gästen, die markanten Bauwerke zu erhalten und weiterzuentwickeln, auch wenn der Spagat schwierig sei zwischen altem Gemäuer und neuen Anforderungen. Leider stünden insbesondere viele ehemalige Rat- und Schulhäuser leer, künftig wohl auch zunehmend Geschäfts- und Pfarrhäuser. Jedoch: Zwei Drittel aller bayerischen Gemeinden hätten schon vom Dorferneuerungsprogramm der Staatsregierung profitiert. Nach Unterfranken seien bisher rund 250 Millionen Euro geflossen, wusste Eisentraut zu berichten.
Dass aus – wie es auf Fränkisch heißt – altem Gerütsch Tolles entstehen könne, bewies der ALE-Chef, indem er ein Projekt im Hofheimer Stadtteil Goßmannsdorf vorstellte: Ein Privatmann, Eberhard Hahn, hat hier zusammen mit seiner Lebensgefährtin die frühere Vogtei des Würzburger Fürstbischofs von 1595 erworben und in jahrelanger Sisyphusarbeit renoviert. Dafür überreichte Eisentraut dem Bauherrn eine Plakette des ALE.
BDA fordert eine „Umbaukultur“
Einen sorglosen Umgang mit dem Baubestand unterstellt der Schweinfurter Architekt Stefan Schlicht einem großen Teil der Bevölkerung. Als Vorsitzender der Kreisgruppe Unterfranken des Bundes Deutscher Architekten (BDA) und als Landesjurymitglied für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ hat Schlicht reichlich Einblick. In einem Impulsvortrag bei der Ausstellungseröffnung in Hofheim beklagte er „die Bequemlichkeit der Gesellschaft“, die sich alles pflegeleicht wünsche. Wenn vorhandene Gebäude abgerissen würden, entstünden materielle, kulturelle und soziale Verluste. Zu sanieren sei zudem ein Beitrag zum Klimaschutz.
Das Bauen sei weltweit für 30 Prozent des CO2-Ausstoßes sowie für 40 Prozent des Energieverbrauchs verantwortlich, rechnete Schlicht vor. Die graue Energie wandle sich in goldene, wenn auch die immateriellen Potenziale ausgeschöpft würden. Der BDA bezieht in seinem Baukulturbericht eindeutig Position. Dessen regionaler Vertreter forderte demgemäß in Hofheim: „Wir brauchen eine Umbaukultur!“ Drei Prozent der Gebäude eines Ortes machten dessen Identität aus. Wenn dieser vermeintlich kleine Teil wegen Ideenlosigkeit, Leerstands, mangelnder Pflege oder angeblicher Unwirtschaftlichkeit beseitigt werde, würden die jeweiligen Kommunen ihrer Seele beraubt. Dem enormen Flächen- und Ressourcenverbrauch durch ein nicht enden wollendes Erschließen von gesichtslosen Neubaugebieten müsse Einhalt geboten werden.
Die Ämter für Ländliche Entwicklung in Bayern erachtet Stefan Schlicht als „essenziell wichtige Partner“ von Immobilieneigentümern, Planern und politischen Entscheidern: „Hier kriegt man Beratung und Förderung.“
Mehr Informationen
unter Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken
und Hofheimer Land
Aus altem „Gerütsch“ lässt sich Tolles schaffen
Ausstellung über Baukultur in Unterfranken
Datum
12. Mai 2023
Regierungsbezirk
Unterfranken