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Die ILE-Verbünde Ilzer Land und Passauer Oberland nähern sich Lösungen für die Klärschlammentsorgung

Foto: Josef Heisl; Vorstellung der Machbarkeitsstudie Klärschlammverwertung im Rathaus Neukirchen v.W.. Teilnehmer: Bürgermeister, Geschäftsleiter, Klärwärter, Projektmanager aus der ILE Passauer Oberland sowie Herr Dr. Kerscher vom ALE Niederbayern
Foto: Josef Heisl; Vorstellung der Machbarkeitsstudie Klärschlammverwertung im Rathaus Neukirchen v.W.. Teilnehmer: Bürgermeister, Geschäftsleiter, Klärwärter, Projektmanager aus der ILE Passauer Oberland sowie Herr Dr. Kerscher vom ALE Niederbayern
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Die Klärschlammentsorgung ist eine der größten Herausforderungen, mit denen Kommunen in den nächsten Jahren konfrontiert sein werden. Die lange Zeit übliche Ausbringung auf landwirtschaftlichen Flächen ist aus Umweltschutzgründen nicht mehr erwünscht, die thermische Verwertung, also die Verbrennung, ist mit beträchtlichem Aufwand und Kosten verbunden. Denn hierfür muss zunächst einmal die Entwässerung bzw. Trocknung des nassen Schlammes durch entsprechende Anlagen ermöglicht werden. Dann ist die Frage, wo wird er verbrannt. In Niederbayern haben sich die Zusammenschlüsse der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) Ilzer Land und Passauer Oberland der Herausforderung angenommen. Gemeinsam erarbeiten sie seit 2016 bzw. 2017 Lösungen für die insgesamt 23 Kommunen. Angestoßen wurde die Zusammenarbeit durch das Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Niederbayern und den Energiemanager Matthias Obermeier. So langsam kristallisiert sich heraus, welche Wege die ILEn einschlagen werden. Das Beispiel zeigt aber auch, wie komplex die Thematik für Kommunen ist.

Klärschlamm fällt bei der Abwasserbehandlung in Kläranlagen an. In der Masse mit einem Wasseranteil von circa 95 Prozent stecken unerwünschte Schadstoffe, Schwermetalle und Krankheitserreger, aber auch wertvolle Pflanzennährstoffe und Spurenelemente, allen voran Phosphor. Nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU Bayern) fallen im Freistaat jedes Jahr rund 5,3 Millionen Tonnen Klärschlamm an. Seit Mitte der 1990er Jahre ist die Aufbringung auf landwirtschaftlichen Flächen rückläufig. Gleichzeitig nahm die thermische Verwertung zu. 2015 hatte diese einen Anteil von rund 63 Prozent an der Klärschlammentsorgung, im gleichen Jahr wurden noch rund 15 Prozent des Klärschlamms auf bayerischen Feldern ausgetragen.

Dass die landwirtschaftliche Verwertung zurückgedrängt wird und weiter abnehmen soll, liegt unter anderem an der Klärschlammverordnung. 2017 trat die novellierte Verordnung, welche die Vorgänger-Version von 1992 ablöste, in Kraft. Zudem gelten durch die aktuelle Düngemittelverordnung deutlich strengere Vorgaben für die landschaftliche Verwertung, sei es in Bezug auf die Schadstoffgrenzen, auf die Flächen, auf denen ausgetragen werden darf, oder auf die erlaubten Mengen. Zudem soll der Phosphor besser rückgewonnen werden.

Die Kommunen sind gefordert, diesen restriktiven Vorgaben nachzukommen, was nicht wenige vor Probleme stellt. Denn gerade bei kleinen Kommunen und Kläranlagen fällt zu wenig Klärschlamm an, als dass sich eine eigene Trocknungsanlage lohnen würde, und der Weg zur nächsten Anlage ist mit Logistikaufwand und Transportkosten verbunden.

Auch in der ILE Ilzer Land haben die zwölf Kommunen ihre eigenen kleinen Kläranlagen. In dem Energiekonzept, das 2013/2014 mit finanzieller Unterstützung des Amtes für Ländliche Entwicklung erstellt wurde, war die Klärschlammentsorgung daher schon ein zentrales Thema. 2015 wurde Matthias Obermeier vom Planungsbüro Nigl + Mader zum Energiemanager für die ILE bestellt. Er führte 2016 mit Thomas Kerscher, der am ALE Niederbayern für Erneuerbare Energien und Klimaschutz zuständig ist, einen Workshop zur Klärschlammentsorgung mit den Bürgermeistern durch. Kerscher holte hierfür das Bayerische Institut für Umwelt- und Kläranlagentechnologie (BIUKAT) ins Boot. „Es war früh bekannt, dass es in den Kommunen zu wenig Klärschlamm für eine eigene Verwertungsanlage gab“, sagt Obermeier. So entstand die Idee, mit benachbarten Kommunen zusammenzuarbeiten.

2017 gewann der Energiemanager die ILE Passauer Oberland für ein gemeinsames Konzept. Sie hatte das Thema ebenfalls auf der Agenda. Nun waren es 23 anstatt 12 Kommunen, die gemeinsam eine Lösung suchen wollten. Jede Kommune hat mindestens eine Kläranlage, ein Großteil des Klärschlamms wird noch von Landwirten ausgebracht. Zu der Zeit kamen auch noch die benachbarten Städte Freyung und Waldkirchen dazu.

Studierende vergleichen Konzepte für Klärschlammentsorgung

Studien sind teuer, da traf es sich gut, dass der Verein BIUKAT den Kontakt zu Professor Stefan-Alexander Arlt von der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) Landshut herstellte. Dieser entdeckte ein gutes Thema für wissenschaftliche Arbeiten seiner Studenten. So kam es, dass zwei Studierende an der Fakultät für Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen im Wintersemester 2017/2018 in ihren Bachelorarbeiten Grobkonzepte für die Klärschlammentsorgung in den ILE-Verbünden Ilzer Land und Passauer Land sowie den Städten Freyung und Waldkirchen untersuchten. Isabella Ringlstetter und Daniel Schuhböck stellten die anfallenden Klärschlammmengen, deren Zusammensetzung und theoretisch mögliche Entsorgungskonzepte gegenüber. Dabei wurden auch die Dringlichkeit der Mengenreduzierung vor Ort und der damit entscheidende Einfluss der Transportkosten festgestellt.

Fokus auf Trocknung des Klärschlamms

„Von der Verbrennung sind wir abgekommen, weil die Umsetzung zu lange dauert. Der Fokus liegt nun auf der Trocknung“, erzählt Obermeier. Deshalb wurde in einer dritten Bachelor-Arbeit ein konkretes Projekt zur Klärschlammtrocknung untersucht. Ebenfalls an der HAW Landshut untersuchte Meriç Ünel 2018 in seiner Bachelorbeit die Klärschlammtrocknung für die ILE Ilzer Land mit Hilfe der Abwärme aus einer Biogasanlage in Grafenau. „Dazu soll in unmittelbarer Nähe zur Biogasanlage eine geeignete Klärschlammtrocknungsanlage errichtet werden, welche das Koppelprodukt Wärme des Blockheizkraftwerks effizient in den Trocknungsprozess integriert“. So umreißt er den Gegenstand seiner Untersuchung. Ünel kam zu dem Schluss, dass die sogenannte solar-thermische Trocknung, bei welcher der Trocknungsprozess mit einem zusätzlichen Heizsystem unterstützt wird, empfehlenswert sei.

Basierend auf dieser konkreten Analyse wurde erwogen, je eine Trocknungsanlage für die ILE Ilzer Land und die ILE Passauer Oberland zu bauen. Obermeier und die kommunalen Verantwortlichen begannen, Angebote bei Herstellern einzuholen.

Unterschiedliche Wege

Endgültige Entscheidungen waren aber auch im November 2019 noch nicht gefallen. „Wenn elf und 12 Kommunen involviert sind und die Gemeinderäte zustimmen müssen, ist das ein langwieriger Prozess“, sagt Matthias Obermeier. Allerdings sind die ILE-Verbünde intern einen Schritt weiter gekommen, sie haben unterschiedliche Vorgehensweisen beschlossen.

Die ILE Passauer Oberland möchte eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen. Darin sollen unterschiedliche technische Lösungen wie die Variante mit der Biogasanlage, die Ünel untersucht hat, aber auch eine Container-Trocknung geprüft werden. So soll zum Beispiel untersucht werden, welches die wirtschaftlichste Trocknungstechnologie ist, wer die Kosten für den Bau übernimmt und welches Betreibermodell optimal ist. Für die Machbarkeitsstudie holen die Verantwortlichen gerade Angebote ein. Mit diesen wollen sie dann einen Antrag auf Förderung beim Amt für Ländliche Entwicklung stellen.

In der ILE Ilzer Land wurden schon verschiedene Varianten vorgestellt. Sie wollen kein weiteres Konzept erstellen lassen, sondern möglichst bald ihre präferierte Lösung umsetzen. „Vielleicht wird der getrocknete Klärschlamm in ein paar Jahren in einer Monoverbrennungsanlage in Straubing verbrannt, die dort eventuell entstehen soll“, berichtet Obermeier. Getrocknet werden sollte nach Möglichkeit mit Unterstützung der Biogasanlage in Grafenau. Eine andere Möglichkeit wäre eine eigene Verbrennungsanlage in den ILEn.

Mitte November stand das Thema auf der Kreisverbandsversammlung im Landkreis Passau auf der Agenda. Dort wurde nun beschlossen, dass es einen Termin mit allen fünf ILE-Verbünden im Landkreis geben soll. Unter ihrem Dach arbeiten 38 Kommunen zusammen. Auf diesem Treffen soll diskutiert werden, ob die Lösungssuche für die Klärschlammentsorgung landkreisweit weiter bearbeitet werden soll.

Obermeier hofft, dass spätestens 2020 die Entscheidungen zur Trocknung fallen und mit der Umsetzung begonnen werden kann. Ob das so kommt, bleibt abzuwarten.

Autorin: Ina Röpcke, Freie Journalistin, München
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